04.12.2013
BGH-Urteil zu Garantie für PV-Anlagen
Der Bundesgerichtshof hat geurteilt, dass Photovoltaikanlagen auf Dächern nicht Bestandteil eines Bauwerks sind. Damit verjähre der Anspruch auf Gewährleistung aufgrund von Mängeln nach zwei und nicht erst nach fünf Jahren. In jedem Fall sollten Anlagenbetreiber aber prüfen, wie sich die Rechtslage für sie darstellt, erklärt Rechtsanwalt Thomas Binder.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in einem Urteil vom 9. Oktober 2013 (VIII ZR 318/12) mit der Frage befasst, wann kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche aus der Lieferung mangelhafter Teile einer auf einem Gebäudedach montierten Photovoltaikanlage verjähren. Solche Gewährleistungsansprüche ergeben sich dann, wenn die Photovoltaikanlage bei der Lieferung einen Mangel aufweist, zum Beispiel wenn die Module nicht die vereinbarte Leistung erbringen oder die Anlage fehlerhaft montiert wurde.
Nach dem Urteil des BGH verjähren derartige Ansprüche nach zwei Jahren. Der Auffassung, wonach eine Dach-Photovoltaikanlage Bestandteil eines Bauwerks sei und damit die fünfjährige Verjährungsfrist gelte, erteilte der BGH eine Absage. Die auf dem Dach eines Gebäudes errichtete Photovoltaikanlage sei selbst kein Bauwerk im Sinne des Gesetzes. Bauwerk sei allein das Gebäude, auf deren Dach die Anlage montiert wurde. Für das Gebäude seien die Solarmodule nicht verwendet worden. Vielmehr diene die Anlage eigenen Zwecken: Sie soll – so der BGH – Strom erzeugen und dem Anlagenbetreiber dadurch eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist von großer Wichtigkeit für Solarunternehmen und Anlagenbetreiber. Das Urteil wirkt sich auf zahlreiche Kaufverträge für Photovoltaikanlagen aus. Kann aus dem Urteil geschlossen werden, dass zwei Jahre nach Fertigstellung der Anlage alle Mangelansprüche verjährt sind ?
Dies ist nicht der Fall. Das Urteil des Bundesgerichtshofs bedeutet lediglich, dass für Gebäude-Photovoltaikanlagen die kaufrechtliche Regelverjährungsfrist von zwei Jahren gilt. Weiterhin muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob auch nach dem Ablauf von zwei Jahren noch Ansprüche bestehen. Dies kann zum Beispiel in folgenden Situationen der Fall sein:
► Handelt es sich um eine Freiflächenanlage, so ist abweichend vom Urteil des Bundesgerichtshofs weiterhin davon auszugehen, dass eine Verjährung erst nach fünf Jahren eintritt. So hat das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg in einem Beschluss vom 12. Januar 2012 (6 W 38/11) entschieden. Nach der Auffassung des OLG Bamberg, stellt nämlich die Freiflächen-Photovoltaikanlage ein eigenständiges Bauwerk dar.
► Auch wenn die Solarmodule einer Dach-Photovoltaikanlage eine spezielle Funktion für das Gebäude wahrnehmen, dürfte die zweijährige Verjährung nicht einschlägig sein. Der Bundesgerichtshof hat bei seiner Argumentation nämlich darauf abgestellt, ob die Photovoltaikanlage einen Zweck für das Gebäude erfüllt. Bei einer üblichen Aufdachanlage mag dies zu verneinen sein, nicht jedoch zum Beispiel bei einer Photovoltaikanlage, welche die Funktion einer Dachhaut oder eines Verschattungselements ausübt.
► Das Urteil des Bundesgerichtshof betraf eine Photovoltaikanlage, deren Strom in das Netz eingespeist wurde. Aktuell werden mehr und mehr Photovoltaikanlagen errichtet, die auch der Stromversorgung in unmittelbarer Umgebung der PV-Anlage dienen. Wird der Strom aus der Photovoltaikanlage unmittelbar im Gebäude genutzt, auf dem sich die Photovoltaikanlage befindet, so dient die Photovoltaikanlage auch dem Gebäude. Dies spricht für eine fünfjährige Verjährung.
► In der Praxis tritt Verjährung der Mangelansprüche zwei Jahre nach Fertigstellung der Photovoltaikanlage oftmals deswegen nicht ein, weil die Parteien Verhandlungen über den Mangel geführt haben oder weil fehlgeschlagene Nachbesserungsversuche durchgeführt wurden. Nach Paragraph 203 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) führen Verhandlungen zwischen den Parteien zu einer Hemmung der Verjährung. Die Verjährung läuft erst dann weiter, wenn die Verhandlungen von einer Seite eindeutig beendet wurden. Eine Verjährung tritt frühestens drei Monate nach dem Ende der Verhandlungen ein. Die Rechtsprechung interpretiert den Begriff der Verhandlungen dabei sehr weit. Überprüft zum Beispiel der Solarfachbetrieb aufgrund einer Rüge des Anlagenbetreibers die Photovoltaikanlage, so liegt eine Verhandlungssituation vor. Die Hemmung endet erst, wenn der Solarfachbetrieb zum Ausdruck bringt, dass er den Anspruch des Kunden ablehnt und keine weiteren Verhandlungen führen will.
► Mancher Anspruch, der vermeintlich für einen Mangelanspruch gehalten wird, fällt nicht unter die Verjährungsregel nach Paragraph 438 BGB. Geht es zum Beispiel um fehlerhafte Ertragsprognosen oder um eine fehlerhafte Beratung des Photovoltaikanlagen-Käufers, so kommt die Verletzung eines Beratungsvertrags in Betracht. Hieraus resultierende Schadensersatzansprüche verjähren in drei Jahren. Die Verjährung beginnt erst am Schluss des Jahres, an dem der geschädigte PV-Anlagenbetreiber Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangte oder hätte erlangen müssen.
Auch wenn daher zwei Jahre seit der Fertigstellung der Photovoltaikanlage vergangen sind, ist jedem betroffenen Solarunternehmen und Anlagenbetreiber zu raten, sorgfältig zu prüfen, ob eine Verjährung der Mangelansprüche bereits eingetreten ist.
Gastbeitrag von:
Kanzlei für Solarenergie-Recht | Rechtsanwalt Dr. Thomas Binder | Jägerhäusleweg 23 | 79104 Freiburg
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